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MTU Aero Engines

MTU Aero Engines | Koordinierte Planungsprozesse mit SAP APO

Eine integrierte SAP-APO- und SAP-ERP-Lösung für eine optimierte Produktionsplanung

Ein grundlegender Erfolgsfaktor für die Luftfahrtindustrie ist die Kompetenz bei stark schwankenden Marktbedarfen Beschaffungs- und Produktionspläne sowie Kapazitätsangebote optimal aufeinander abzustimmen. Dazu sind Planungs- und Simulationsfunktionalitäten erforderlich, welche eine zentrale Koordination von Einkaufs-, Fertigungs- und Vertriebsprozessen unterstützen. In diesem Zusammenhang wurde bei der MTU Aero Engines GmbH eine integrierte SAP APO- und SAP ERP-Lösung für eine optimierte Produktionsplanung erfolgreich in Betrieb genommen. Wesentliche Verbesserungspotenziale wurden u.a. über ein neues Planungstableau realisiert, welches eine koordinierte Abstimmung und Stabilisierung von Produktionsprogrammen ermöglicht. CONSILIO unterstützte das Implementierungsprojekt bei der Konzeption des Business Blueprints, der Erstellung des IT-Konzepts sowie der Programmierung der erweiterten Planungsfunktionalität.

zur Success Story
85
Jahre innovative Lösungen
14
Standorte
10000
Mitarbeiter

Highlights der Implementierung

  • Integrierte Planungs- und Simulationsfunktionalitäten zur zentralen Koordination von Einkaufs-, Fertigungs- und Vertriebsprozessen
  • Planungstableau zur Planung der Bedarfe des Produktionsprogramms, der Ressourcenauslastung und der zu startenden Fertigungsmengen
  • Unternehmensweit abgestimmte, geglättete und machbare Produktionsprogramme
  • Ampelsteuerung in der Produktionssteuerung zur Sicherstellung der Materialverfügbarkeit von Komponenten
  • Umfangreiches Berichtswesen bezüglich logistischer Kennzahlen in SAP BW

MTU AERO ENGINES

Die MTU Aero Engines ist der führende deutsche Triebwerkshersteller und weltweit eine feste Größe. Das Unternehmen entwickelt, fertigt, vertreibt und betreut zivile und militärische Luftfahrtantriebe aller Schub- und Leistungsklassen sowie stationäre Industriegasturbinen. Der deutsche Branchenprimus beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiter und ist mit Tochter- und Beteiligungsgesellschaften in allen wichtigen Regionen und Märkten präsent. In den nächsten Jahren will sich das Unternehmen auf das Kerngeschäft konzentrieren, sich an neuen Triebwerksprogrammen beteiligen und sein Dienstleistungsportfolio erweitern.

Ausgangssituation der Planungsprozesse

Die MTU Aero Engines verzeichnete in den letzten Jahren zunehmende Schwankungen der Marktbedarfe für einzelne Triebwerksprodukte von über 50% innerhalb von wenigen Monaten. Gleichzeitig summieren sich die Durchlaufzeiten in der Produktion und Beschaffung auf bis zu vierundzwanzig Monate. Aufgrund begrenzter Möglichkeiten einer Prognose der Absatzmengen waren ebenfalls stark schwankende Bedarfe für Komponenten im Einkauf sowie eine stark schwankende Kapazitätsnachfrage in der Fertigung und Montage unvermeidbar.

Erschwerend kam hinzu, dass die Flexibilität bzgl. kurzfristiger Anpassung von Beschaffungsmengen wegen langfristiger Wiederbeschaffungszeiten von bis zu achtzehn Monaten eingeschränkt ist. Auch eine flexible Anpassung des Kapazitätsangebots ist kurzfristig nur begrenzt möglich, da zentrale Anlagen von verschiedenen Produktlinien genutzt werden. In der Produktionsplanung führte dies zu einem gegenseitigen zyklischen Aufschaukeln, da Anpassungen des Einkaufs die Auslastungssituation in der Fertigung und Montage implizit beeinflussten. Umkehrt veränderte die Adaption des Kapazitätsangebots, zum Beispiel durch zusätzliche bzw. weniger Schichten, die Bedarfstermine für beschaffte Komponenten.

Die implementierte SAP SCM APO Lösung ermöglicht uns erstmals eine umfassende Abstimmung des Produktionsplans mit den Marktbedarfen, Einkaufsrestriktionen und Fertigungskapazitäten durch ein geglättetes und machbares Produktionsprogramm.

Dr. Peter Druska und Simon Claussen MTU Aero Engines GmbH

Aufgrund dieser Ausgangssituation entstand im Unternehmen der Wunsch nach einer „beruhigten Fertigung“ mit geglätteten und machbaren Produktionsprogrammen sowie fixierten Planungshorizonten. Damit wurde zusätzliche Planungsfunktionalität für einen Planungshorizont von bis zu sechsunddreißig Monaten erforderlich, mit der Marktbedarfe, Beschaffungsmengen und Kapazitäten optimal koordiniert werden können. Folglich konnte ein Verbesserungspotenzial bzgl. folgender Unternehmensziele identifiziert werden:

  • Hohe Termintreue
  • Optimale und stetige Auslastungen der Produktionsressourcen
  • Minimale Bestände
  • Begrenzter Planungs- und Steuerungsaufwand
  • Kurze Durchlaufzeiten
  • Flexibilität zur Reaktion auf Störungen in der Produktion
  • Flexibilität bei Änderungen von Kundenwünschen

Da sich diese Unternehmensziele im Allgemeinen teilweise gegenläufig verhalten, z.B. minimale Bestände und hohe Termintreue, konnte eine Verbesserung einzelner Zielkriterien, ohne eine gleichzeitige Beeinträchtigung anderer Zielkriterien in Kauf zu nehmen, nur durch den Einsatz erweiterter Planungsfunktionalität innerhalb der vorhandenen SAP-Systemlandschaft und durch harmonisierte Produktionsplanungs- und -steuerungsprozesse erreicht werden.

Umgesetztes Lösungskonzept

Das Lösungskonzept basiert auf dem Stand der bereits seit mehreren Jahren produktiven SAP-Landschaft mit ERP- und APO-Systemen sowie integriertem PP/DS-Optimierer. Die vorhandenen SAP-Systeme unterstützen die Planungsprozesse u.a. durch Funktionalitäten zur automatischen, werksübergreifenden Materialbedarfsplanung und Terminierung von Plan- und Fertigungsaufträgen auf Basis von Kundenbedarfen, Material- und Kapazitätsverfügbarkeiten. Die Terminierung berücksichtigt dabei Lohnbearbeitungs-, Streckenabwicklungs- und Umlagerungsprozesse. Im Beschaffungsprozess wird eine bedarfsgerechte Terminierung von Lieferplanabrufen und Bestellanforderungen geplant. Darüber hinaus werden bei einzelnen Triebwerksprodukten Komponenten aus einer Menge alternativer Stücklistenpositionen automatisch gewählt, um die Termintreue sicherzustellen.

Des Weiteren werden Planungsfunktionen zur Ermittlung des kritischen Pfads von verspäteten Kundenaufträgen betrieben. Dabei wird aus einer Vielzahl von Dispositionsstufen und Komponenten, der Materialbedarf ermittelt, welcher für die Verspätung maßgeblich verantwortlich ist. Zusätzlich wird der für eine pünktliche Lieferung notwendige Bedarfstermin berechnet und angezeigt, damit Disponenten und Einkäufer zielgerichtete Maßnahmen zur Erhöhung der Liefertermintreue ergreifen können.

Zur Sicherstellung der Unternehmensziele wurden logistische Kennzahlen und Berichte anforderungsgerecht in SAP BW realisiert.

Gerhard Rösler MTU Aero Engines GmbH

Die Produktionsplanung wurde durch einen Freigabeprozess für ein Produktionsprogramms mit ca. 240 Bauteilen der Montage erweitert, welche regelmäßige Kunden- sowie hohe Kapazitätsbedarfe aufweisen. Dies führt zu einer weitgehenden Entkopplung der Planung von Schwankungen der Marktbedarfe. D.h. die Veränderung von Marktbedarfen ausgewählter Produkte hat nun keine unmittelbaren Auswirkungen mehr auf den Produktionsund Beschaffungsplan sowie die Kapazitätsauslastung.

Die Reaktion auf Marktschwankungen erfolgt nun koordiniert, indem zunächst die Änderungen simuliert, analysiert und anschließend über das Produktionsprogramm geglättet werden. Vor der Freigabe der Bedarfe des Produktionsprogramms wird die Verfügbarkeit der notwendigen Materialien und Kapazitäten in einer Simulationsversion geprüft. In Abstimmungsrunden werden die Beschaffungsmengen und der Produktionsplan auf Basis der Simulationsergebnisse verabschiedet. Im Anschluss werden auf Basis des freigegeben Produktionsprogramms und des vorhandenen Kapazitätsangebots mit dem PP/ DS-Optimierer Planaufträge termingerecht eingeplant. Durch die nachfolgende Umsetzung der Planaufträge in Fertigungsaufträge übernimmt die Fertigungssteuerung die Verantwortung für die Durchführung. Die Rückmeldung von abgeschlossenen Arbeitsvorgängen löst wiederum automatisch eine Neuterminierung der nachfolgenden Arbeitsvorgänge aus, um mögliche Verspätungen bzw. frühere Fertigstellungstermine zeitnah transparent zu machen.

Umfangreiche Anforderungen an eine koordinierte Produktionsplanung konnten u. a. durch ein Planungstableau innerhalb vorhandener SAP APO- und ERP-Systeme implementiert werden.

Bernhard Wetzstein MTU Aero Engines GmbH

Als Planungswerkzeug wurde eine neue Transaktion für ein interaktives Planungstableau entwickelt und den Disponenten, Produktionsplanern und Vertriebsmitarbeitern zur Verfügung gestellt. Im Tableau werden die Bedarfsmengen des Produktionsprogramms festgelegt. Die Auswirkung auf die Kapazitätsauslastung, Starttermine von Fertigungsaufträgen und Termintreue werden simuliert und den Planern im Wochen- und Monatsraster angezeigt.

Das Planungstableau umfasst drei Sichten zur Planung der Bedarfe des Produktionsprogramms, der Ressourcenauslastung und der zu startenden Fertigungsmengen:

  • In der Bedarfssicht werden die Produktionsprogrammbedarfe und die Marktbedarfe den Bedarfsdeckern gegenübergestellt.
  • Die Ressourcensicht zeigt die Kapazitätsauslastung, das -angebot und den -bedarf in den Mengeneinheiten Stunden sowie Stück an und ermöglicht einen simulierten Wechsel auf alternative Fertigungslinien.
  • In der Startsicht werden die geplanten Startmengen von Planaufträgen angezeigt, die zur termingerechten Erfüllung des Produktionsprogramms notwendig sind. Ergänzend wurde zur Sicherstellung der Materialverfügbarkeit von Komponenten und Rohmaterialien bei Umsetzung von Planaufträgen in eröffnete Fertigungsaufträge eine Ampelsteuerung implementiert: Bei grüner Kennzeichnung von Planaufträgen sind die benötigten Mengen im Lager verfügbar, bei gelber Darstellung sind Mengen nicht im Lager aber als QM-Prüflos oder Lieferavis vorhanden. Die rote Ampel zeigt eine fehlende Materialverfügbarkeit im Produktionswerk an.

Die SAP-Systeme werden mit einer leistungsstarken Serverlandschaft betrieben, da das Mengengerüst der Stamm- und Bewegungsdaten eine hohe Planungskomplexität im täglichen Planungs- und Simulationslauf erzeugt:

  • Arbeitsvorgänge: ca. 1.000.000
  • Plan- und Fertigungsaufträge: ca. 54.000 
  • ca. 20 Arbeitsvorgänge pro Fertigungsauftrag
  • Ressourcen: ca. 19.000
  • Produkte: ca. 11.000
  • Planungshorizont: 5 Jahre

Die Produktionssteuerung wird durch eine automatisierte Neuterminierung von rückständigen sowie rückgemeldeten Fertigungsaufträgen unterstützt. Basis für die Terminierung sind mit der Fertigung vereinbarte Durchlaufzeiten für Sequenzen von Arbeitsvorgängen. Die Einhaltung der vereinbarten Durchlaufzeiten wird über Monitoringfunktionen regelmäßig ausgewertet, mit dem Ziel die darin enthaltenen Pufferzeiten schrittweise zu reduzieren.

Zur bedarfsgerechten Kapazitätsplanung werden Auslastungsverläufe über einen Zeitraum von fünf Jahren im SAP APO und SAP ERP berechnet und im SAP BW aufgeschlüsselt nach Triebwerksprogrammen, Produkten, Kostenstellen und Organisationseinheiten aufbereitet. Damit kann zum einen über die Anpassung der Schichtpläne eine kurz- bis mittelfristige Glättung der Kapazitätsauslastung erreicht werden. Zum anderen können langfristig notwendige (De-)Investitionen in Fertigungskapazitäten ermittelt und abgesichert werden.

Realisiertes Nutzenpotenzial

Als unmittelbares Nutzenpotenzial konnten mehrere Aspekte identifiziert werden: Mit Hilfe der erweiterten Planungs- und Simulationsfunktionalität konnte die Transparenz bzgl. machbarer Produktions-, Beschaffungs- und Liefertermine verbessert werden. Folglich konnten die nun nicht mehr benötigten Sicherheitsbestände und Sicherheitszeiten reduziert werden. Zusätzlich konnten in Verbindung mit der geglätteten Kapazitätsauslastung die durchschnittlichen Durchlaufzeiten reduziert werden.

Das Ergebnis

  • DLZ-Reduktion
  • Bessere Planungsergebnisse
  • Gleichmäßigere Kapazitätsauslastung
  • Höhere Termintreue