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25. April 2024

Lohnbearbeitung in EWM: Standardprozess und erweiterte Szenarien

In der modernen Produktionslandschaft greifen Unternehmen zunehmend auf externe Spezialisten zurück, um bestimmte Fertigungsprozesse auszulagern. Diese Praxis, bekannt als Lohnbearbeitung, ermöglicht es, Ressourcen effizient einzusetzen und sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren. Folgende Szenarien der Lohnbearbeitung können Sie in EWM abbilden.

Was ist eine Lohnbearbeitung?

Lohnbearbeitung ist ein Prozess, bei dem Teile der Fertigung an einen externen Dienstleister abgegeben werden. Dabei erhält der externe Dienstleister alle zur Fertigung notwendigen Komponenten vom Auftraggeber und erbringt lediglich die Leistung der weiteren Verarbeitung. Wenn Ihre Fabrik also Bauteile für ein Modellauto Cabrio anfertigt, diese aber aufgrund fehlender Maschinen oder Know-how nicht zusammensetzen kann, kommt der Lohnbearbeiter ins Spiel.   

Wenn Sie Ihr Cabrio dabei in verschiedenen Farben produzieren, ist es äußerst ratsam, dem Lohnbearbeiter die Türen in der zur Karosserie passenden Farbe zu übermitteln. Die meisten Unternehmen setzen dafür das Objekt Charge ein. Wenn Sie dabei auch noch eine Special Edition für die echten Cabrio-Liebhaber herausbringen wollen, eignet sich der Einsatz von Serialnummern am besten für die Unterscheidung an den Lohnbearbeiter. Ob ein einfaches Szenario oder eine Lohnbearbeitung mit Chargen oder Serialnummern – das heutige SAP extended Warehouse Management bildet all diese Szenarien mit Standardmitteln ab. Da sie sich in der Komplexität und dem Ablauf voneinander unterscheiden, betrachten wir alle drei Szenarien separat. Beachten Sie bitte, dass wir bei allen Szenarien von einem embedded EWM ausgehen.
 

einfaches Szenario

Nehmen wir an, Sie produzieren Cabrios nur in Standardfarbe rot und benötigen daher weder Chargen noch Serialnummern. In diesem Fall sprechen wir von einem einfachen Szenario, dessen Ablauf wie folgt aussieht: Sie bestellen die Lohnbearbeitung beim externen Dienstleister, dafür legen Sie eine Lohnbearbeitungsbestellung an. Die Komponenten für das Cabrio werden bereitgestellt und an den externen Dienstleister ausgeliefert. Mit Warenausgangsbuchung der Lohnbeistellkomponenten verlassen die Bauteile Ihr Lager und kommen wieder in Form eines fertigen Cabrios, das der Lohndienstleister für Sie zusammengebaut hat. Für die eingegangene Anlieferung wird der Wareneingang gebucht. Das Cabrio ist somit in Ihrem Bestand und kann an den Kunden verkauft werden. Dieser Prozess bildet die Grundlage für jedes Lohnbearbeitungsszenario.

 

 

Was so simpel klingt, bedarf im System einiger spezifischer Einstellungen. Damit der Lohnbearbeitungsprozess in Gang gesetzt wird und der Belegfluss in die richtige Richtung geht, werden folgende Daten benötigt:

  • Anlage des Geschäftspartners mit entsprechenden Rollen Lieferant/Kreditor/Debitor & Kunde und die Zuordnung zur Einkaufsorganisation und Buchungskreis
  • Der Artikel muss im Materialstamm die Beschaffungsart F (Fremdbeschaffung) und den Sonderbeschaffungsschlüssel 30 (steht für Lohnbearbeitung). Zudem müssen sowohl dem Fertigteil als auch den Beistellkomponenten die Lagerorte „Received on Dock“ und „Available for Sales“ zugewiesen werden.
  • Die Komponenten wie Türen und Reifen müssen im korrekten Verhältnis zum Endprodukt Cabrio stehen: In SAP regelt dieses Verhältnis die Materialstückliste.
  • Im Einkaufsinfosatz muss die Verknüpfung zwischen Lohnbearbeiterteil und dem Lieferanten gepflegt werden, und zwar mit dem Typ „Lohnbearbeitung“, Kennzeichen „Auto BQF“ (automatische Bezugsquellenfindung).
  • Damit die Stückliste korrekt aufgelöst wird, ist die Anlage einer Fertigungsversion zwingendnotwendig. Diese wird zudem im Materialstamm zum Lohnbearbeiterteil im Materialstamm und im Lohnbearbeiterinfosatz zugeordnet.

Wie der Prozessablauf im System genau aussieht und wo die notwendigen Einstellungen vorgenommen werden, sehen Sie in unserem Webinar.

Lohnbearbeitung mit Chargen

Wenn ihr Produkt – also das Modellauto Cabrio – in verschiedenen Farben produziert wird, sollten Sie die verschiedenen Farben als Chargen abbilden.

Die Lohnbearbeitung von Produkten mit Chargen ist etwas komplexer als beim ersten Szenario: Während der allgemeine Ablauf und die Belegarten dieselben bleiben, muss in dem Belegfluss an zwei Stellen die jeweilige Charge angegeben werden. Die Angabe der Charge findet bei der Bereitstellung der Komponenten statt – und zwar im Lohnbearbeitungs-Cockpit -  und bei der Bearbeitung der Anlieferung vom Lohnbearbeiter.

 

Um den Lohnbearbeitungsprozess mit Chargen abzubilden, bedarf es zusätzlicher Einstellungen im Materialstamm: Das Material muss als für Chargenverwaltung relevant gekennzeichnet werden, und zwar sowohl in der Vertriebs- als auch in der Einkaufssicht.

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Lohnbearbeitung mit Serialnummern

Noch etwas komplexer ist das Szenario mit Verwendung von Serialnummern. Um bei unserem Modellauto zu bleiben, versehen Sie jedes Exemplar der hochwertigen und einzigartigen Limited Edition Batmobil mit einer Serialnummer. Bevor die Komponenten mit der entsprechenden Serialnummer bereitgestellt werden, bedarf es einer Lohnbearbeitungsbestellung auf IM-Lagerort. Nach der anschließenden Bereitstellung der Komponenten mit der Angabe der Serialnummern und der Auslieferung mit dem Warenausgang kommen die Komponenten beim Lohnbearbeiter, der das Batmobil zusammensetzt. Als fertiges Modellauto angeliefert, wird der Wareneingang ohne Anlieferung gebucht, dabei werden die Serialnummern erfasst. Nach der Umlagerung auf den EWM-Lagerort ist das Batmobil im Bestand und kann an den Endkunden ausgeliefert werden.

Als zusätzliche Einstellungen werden für dieses Szenario Serialnummernprofile im Materialstamm sowohl auf der ERP- als auch auf der EWM-Seite: auf der Vertriebssicht im ERP-Materialstamm und im Reiter „WM Execution“ im EWM-Materialstamm.

Fazit

Die Lohnbearbeitung ist ein vielschichtiger Prozess, der Unternehmen Flexibilität in der Produktion bietet und es ermöglicht, auch ohne spezifische Ausrüstung oder Expertise qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Ob es sich um ein einfaches Szenario ohne zusätzliche Anforderungen, die Herstellung von Produkten in verschiedenen Chargen oder um die Produktion von speziellen Editionen mit Serialnummern handelt – SAP EWM bietet die notwendige Funktionalität, um diese Prozesse effizient zu unterstützen. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind jedoch spezifische Einstellungen und die genaue Beachtung der Material-, Lieferanten- und Belegkonfigurationen erforderlich. Mit der richtigen Einrichtung ermöglicht SAP EWM eine transparente und effiziente Abwicklung der Lohnbearbeitung, wodurch Unternehmen ihre Produktionsprozesse optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können.

Einführung von embedded EWM in einer RISE with SAP S/4HANA-Umgebung

Zur Referenz

Sehen Sie in unserer kostenfreien Webinaraufzeichnung weitere Details zu den verschiedenen Szenarien der Lohnbearbeitung in EWM. 

Katharina Ammann, Solution Consultant SCM CONSILIO GmbH Kontakt aufnehmen

Weitere Infos:

Webinar: Lohnbearbeitung mit EWM-Integration

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