14. Oktober 2022

Lohnbearbeitung in S/4HANA: ein Überblick

Wenn ein produzierendes Unternehmen einzelne Fertigungsschritte an externe Dienstleister auslagert, spricht man von der sogenannten Lohnbearbeitung. Ein Überblick über den Prozessablauf in S/4HANA.

Unter Lohnbearbeitung wird ein Prozess verstanden, bei dem der externe Dienstleister alle Komponenten vom Auftraggeber erhält, die er in einem oder mehreren Arbeitsschritten verarbeitet. Insbesondere im Zusammenhang mit der S/4HANA-Einführung stellen sich dem Anwender weitestgehend immer dieselben Fragen: Worauf kommt es bei der Lohnbearbeitung an? Welche Stammdaten sind für die Prozessabwicklung erforderlich? Welche Bewegungsdaten werden im Lauf erzeugt? Wie sieht der Prozess im Detail aus? Stellt die SAP dazu Best Practices zur Verfügung? Nachfolgend möchten wir darüber Klarheit schaffen und anhand eines Beispiels den Prozess beschreiben.

Jeder Prozess beginnt mit Stammdaten

Um ein T-Shirt herzustellen, werden folgende Materialstämme bei der T-Shirt GmbH angelegt:

  • Smiley-T-Shirt
  • T-Shirt
  • Stoff
  • Garn
  • Smiley-Aufkleber

Die Kernkompetenz der T-Shirt GmbH liegt im Nähen von T-Shirts, die dafür benötigten Komponenten werden zugekauft. Das Beflocken der T-Shirts wird aufgrund des fehlenden Know-How von einem externen Dienstleister, nachfolgend Lohnbearbeiter genannt, übernommen.

Damit die T-Shirt GmbH weiß, welche Komponenten zur Fertigung eines T-Shirts verwendet werden, verbindet sie diese mit einer Stückliste.

Da bei der Lohnbearbeitung Komponenten an den Lohnbearbeiter verschickt und die Bedarfe auf Komponentenebene geplant werden, müssen auch diese Materialstämme mit einer Stückliste verknüpft werden.

Für die Materialbedarfsplanung ist es erforderlich zu jeder Stückliste auch eine Fertigungsversion anzulegen. Für die automatische Bezugsquellenfindung muss eine gültige Bezugsquelle zum Smiley T-Shirt und dem Lohnbearbeiter vorhanden sein. Dies erfordert, dass der Lohnbearbeiter als BusinessPartner angelegt und eine Bezugsquelle in Form eines Rahmenvertrages oder Einkaufsinfosatz angelegt ist.

1. Ein Kundenauftrag bringt den Stein ins Rollen

Die T-Shirt GmbH erhält einen Kundenauftrag von 100 Smiley-T-Shirts. Da nicht genügend auf Lager sind, müssen diese beim Lohnbearbeiter in Auftrag gegeben werden. Die Bedarfsmenge von 100 Stück wird mit einer Lohnbearbeitungs-Bestellanforderung in Höhe von 100 Stück gedeckt.

Die Bestellanforderung, auch BANF genannt, ist ein interner Beleg, welcher den Einkauf auffordert, 100 Smiley-T-Shirts beim Lohnbearbeiter zu beschaffen. Da die Materialbedarfsplanung, auch MRP genannt, bei der Lohnbearbeitung auf zwei Dispositionsstufen stattfindet, wird der Bedarf bis auf Komponentenebene vererbt.

Die Bedarfsmenge hängt dabei von der hinterlegten Einsatzmenge in der Stückliste ab. Für 100 Smiley T-Shirts werden 100 genähte T-Shirts und 100 Smiley-Aufnäher benötigt. Die Einsatzmenge der Komponente pro fertiges T-Shirt beträgt hier jeweils 1 Stück. All diese Informationen sind in der Bestellanforderung nachvollziehbar und werden automatisch im MRP berechnet.

Mit Umwandlung der BANF in eine Bestellung wird die Veredlung der 100 T-Shirts beauftragt. Die Bestellung ist ein verbindliches Element von der T-Shirt GmbH gegenüber dem Lohnbearbeiter, mit der Aufforderung 100 T-Shirts mit je einem Smiley zu beflocken und zu einem festgelegten Datum zurückzuliefern.

2. Alle Komponenten werden an den Lohnbearbeiter verschickt

Damit der Lohnbearbeiter seiner Beauftragung nachkommen kann, müssen die 100 T-Shirts und 100 Smiley-Aufnäher von der T-Shirt GmbH verpackt und an den Lohnbearbeiter versendet werden. Hierfür eignet sich das Lohnbearbeitungs-Cockpit als Applikation, mit der der Anwender sich einen Überblick über die Bedarfs- und Bestandssituation beim Lohnbearbeiter verschafft und gleichzeitig den Versand der Komponenten anstößt.

Die Beistellung kann als reine Warenbewegungsbuchung vorgenommen werden oder in Form einer Auslieferung. Zweiteres ermöglicht es die Logistikprozesse systemgestützt anzustoßen und abzuwickeln sowie Lieferpapiere zu erstellen. Bestandstechnisch werden die 100 T-Shirts und 100 Smiley-Aufnäher auf Werksebene in einem Sonderbestand zum Lohnbearbeiter geführt. Rechtlich gehören diese Materialien weiterhin der T-Shirt GmbH, sie sind lediglich physisch beim Lohnbearbeiter vor Ort.

3. Der Lohnbearbeiter ist an der Reihe

Nun kann der Lohnbearbeiter seiner Beauftragung von der T-Shirt GmbH nachkommen und beflockt die T-Shirts mit den Smiley-Aufnähern. Nachdem der Lohnbearbeiter alle 100 T-Shirts beflockt hat, werden diese von ihm an die T-Shirt GmbH zurückgesendet. Die Dienstleistung stellt er der T-Shirt GmbH in Rechnung.

Bei der T-Shirt GmbH werden die 100 Smiley-T-Shirts vereinnahmt und geprüft. Der Waren- und Rechnungseingang wird in Bezug zur Bestellung gebucht. Bei der Wareneingangsbuchung zu den 100 Smiley T-Shirts werden parallel die 100 T-Shirts und 100 Smiley-Aufnäher aus dem Sonderbestand des Lohnbearbeiters direkt in den Verbrauch gebucht. Es wird ein Material- und ein Buchhaltungsbeleg erstellt.

Der Prozessablauf auf einen Blick

Der gesamte Beschaffungsprozess kann jederzeit über den Prozessablauf nachvollzogen werden:

Melden Sie sich zu unserem kostenlosen Webinar an, in dem wir Ihnen einen Überblick über den Lohnbearbeitungsprozess mit EWM-Integration bieten. Erfahren Sie in diesem Webinar, welche Voraussetzungen für die Abwicklung des Lohnbearbeitungsprozesses mit EWM erfüllt sein müssen. In anschaulichen Live-Demos zeigen wir Ihnen beispielhaft, wie der Standardprozess der Lohnbearbeitung mit EWM Embedded durchgeführt wird und welche Herausforderung und Erweiterungen in EWM-geführten Lägern auftreten können.

Hier geht es zu SAP-Best-Practices: BMY-Subcontracting

Gut zu wissen: Fremdbearbeitung vs. Lohnbearbeitung. Die wichtigsten Funktionen

SAP Lohnbearbeitung erlaubt Unternehmen, einzelne Produktionsschritte, die sie an externe Dienstleister vergeben, transparent und übersichtlich im System abzubilden.

Kerstin Mihleisen, SCM Solution Consultant CONSILIO GmbH Kontakt aufnehmen